Bezirkseinzelmeisterschaften 2019 in Obertshausen

Vermeintliche Underdogs machen Favoriten das Leben schwer

 

Traditionell um den Buß- und Bettag herum veranstaltet die Main-Vogelsberg-Schachjugend ihre Einzelmeisterschaften, die in diesem Jahr am 16. und 17. November in SC Obertshausen ausgetragen wurden. 45 (Vorjahr: 41) Teilnehmer/-innen folgten der Einladung in das hiesige Rathaus, um in sechs Untergruppen des offenen Turniers die jeweiligen Einzelmeister sowie Qualifikanten für das Zentrale Lager 2020 zu bestimmen.

 

U8 / U10

Wer in dem aus U8 und U10 zusammengelegten Teilnehmerfeld ein Wörtchen um die Tabellenspitze mitreden wollte, kam am SK Bad Homburg nicht vorbei. Bereits nach dem ersten Turniertag schälte sich ein Trio aus den aus dem Bezirk Frankfurt angereisten Kurstädtern heraus, das die die übrigen 13 Teilnehmer zum Teil nach Belieben dominierte. Nach 9 Runden ging der Turniersieg an Malte Wesselbaum mit 7 Punkten. Knapp dahinter mit einem halben Zähler Abstand folgten die beiden Vereinskollegen Philipp Hilbenz sowie Julian Pflugbeil. Lennard Tabola (6 Punkte)  von den SF Schöneck belegte Rang 4 und ist somit Bezirksmeister U10. Die punktgleiche Viktoria Jäger (SK Bad Homberg) durfte sich als bestes Mädchen über einen weiteren Pokal freuen. Meister in der U8 wurde mit 1,5 Punkten Alexander Scheel (VSG Offenbach).  

 

U8-U10 MVSJ BEM

Kreuztabelle im Schweizer-System nach der 9. Runde

Nr.

Teilnehmer

TWZ

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

Punkte

Buchh

1.

Wesselbaum,Malte

928

**

1

½

0

1

½

1

1

1

 

 

 

1

 

 

 

7.0

48.0

2.

Hilbenz,Philipp

788

0

**

0

1

1

½

1

1

1

1

 

 

 

 

 

 

6.5

50.5

3.

Pflugbeil,Julian

937

½

1

**

1

 

½

½

0

 

1

1

1

 

 

 

 

6.5

45.5

4.

Tabola,Lennard

901

1

0

0

**

0

1

 

1

1

1

 

 

 

 

1

 

6.0

48.0

5.

Jäger,Viktoria

869

0

0

 

1

**

 

1

 

 

0

 

1

 

1

1

1

6.0

38.0

6.

Wagner,Felix

857

½

½

½

0

 

**

0

 

 

1

 

1

1

1

 

 

5.5

43.0

7.

Milman,Sophie

917

0

0

½

 

0

1

**

 

 

½

1

 

1

 

1

 

5.0

44.0

8.

Xiaoteng-Li,Thoma

 

0

0

1

0

 

 

 

**

1

0

1

 

 

 

1

1

5.0

43.0

9.

Baltuttis,Malte

796

0

0

 

0

 

 

 

0

**

 

1

1

1

1

 

1

5.0

37.5

10.

Haase,Lennart

760

 

0

0

0

1

0

½

1

 

**

 

 

 

1

 

1

4.5

45.0

11.

Galea,Luca

 

 

 

0

 

 

 

0

0

0

 

**

½

½

½

1

1

3.5

33.0

12.

Sepas,Zargaran

 

 

 

0

 

0

0

 

 

0

 

½

**

0

1

0

1

2.5

35.5

13.

Kintrup,Kiran Adi

750

0

 

 

 

 

0

0

 

0

 

½

1

**

0

1

0

2.5

35.0

14.

Scheel,Alexander

 

 

 

 

 

0

0

 

 

0

0

½

0

1

**

0

1

2.5

33.5

15.

Koepke,Jannis

 

 

 

 

0

0

 

0

0

 

 

0

1

0

1

**

0

2.0

35.0

16.

Pontes-Damdé,Anto

 

 

 

 

 

0

 

 

0

0

0

0

0

1

0

1

**

2.0

33.5

 

Ein Blick in den Turniersaal

 

U12

Ein ganz besonderes Kunststück gelang Tamim Alizai (SK Gründau): In der entscheidenden Partie vermochte er einen 250 DWZ-Punkte Unterschied zu egalisieren und den von der Papierform her mit favorisierten Maksim Kuchta (SC Heusenstamm) zu bezwingen. Zwar musste Tamim noch eine Niederlage hinnehmen, doch das sollte ausreichen, um das Turnier mit einem Zähler Abstand als Sieger zu beenden. Bronze aufgrund der leicht schlechteren Buchholzwertung  ging an Tunay Müftahi (SK Gründau). Beste weibliche Teilnehmerin in dem 14 Spieler umfassenden Feld war Vivien Paschedag (SC Heusenstamm) mit 4 Zählern.

 

U12 MVSJ BEM

Kreuztabelle im Schweizer-System nach der 9. Runde

Nr.

Teilnehmer

TWZ

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

Punkte

Buchh

1.

Alizai,Tamim

1054

**

1

1

1

1

0

1

1

1

 

1

 

 

 

8.0

44.5

2.

Kuchta,Maksim

1308

0

**

½

1

½

1

1

1

 

1

 

 

1

 

7.0

44.0

3.

Müftahi,Tunay

1002

0

½

**

1

½

1

1

 

 

1

1

 

1

 

7.0

43.0

4.

Beich,Leandro

 

0

0

0

**

 

½

1

 

1

 

1

1

1

 

5.5

43.5

5.

von Knorre,Christ

1011

0

½

½

 

**

1

0

0

 

 

1

1

 

1

5.0

42.0

6.

Kovacs,Adam

 

1

0

0

½

0

**

 

1

0

1

 

 

 

1

4.5

46.0

7.

Kroll,Nico

1048

0

0

0

0

1

 

**

1

0

 

 

1

 

1

4.0

45.5

8.

Mayer,Joel Julian

937

0

0

 

 

1

0

0

**

 

1

 

1

0

1

4.0

39.0

9.

Paschedag,Vivien

923

0

 

 

0

 

1

1

 

**

0

1

1

0

4.0

37.5

10.

Hasenpflug,Till

 

 

0

0

 

 

0

 

0

1

**

1

0

1

1

4.0

36.5

11.

Staat,Christian

784

0

 

0

0

0

 

 

 

+

0

**

½

1

1

3.5

39.0

12.

Hackethal,Franz

774

 

 

 

0

0

 

0

0

0

1

½

**

1

1

3.5

33.0

13.

Schneider,Jan

787

 

0

0

0

 

 

 

1

0

0

0

0

**

1

2.0

39.5

14.

Angersbach,Consta

741

 

 

 

 

0

0

0

0

1

0

0

0

0

**

1.0

34.5

 

Turnierleiter Roland Michelmann rückt die Pokale ins rechte Licht.

 

Gruppenfoto nach der Siegerehrung U8, U10 und U12

 

Die aus den Untergruppen U 14, U16 und U18 zusammengelegte Gruppe U14-U18 sollte sich zweifellos als die spannendste herausstellen. Dies ist zum einen an dem Zeitmanagment der Teilnehmer abzulesen. Denn das Inkrement von 30 Sekunden pro Zug zuzüglich der 90 Minuten Bedenkzeit pro Partie erlaubte es den Teilnehmern, regelmäßig die anvisierten Rundenzeiten zu sprengen, sodass die beiden Turniertage erst am späten Abend abgeschlossen werden konnten. Dies ist  wiederum nur möglich, wenn die Partien ausgeglichen und auch (einigermaßen)  fehlerfrei gespielten werden. Wenn dann seitens der Protagonisten noch Nerven wie Stahl dazukommen, ist dieses Prädikat zweifellos angebracht, erst Recht, wenn zur Ermittlung des Siegers und Qualifikanten des nächsten Zentralen Lagers der HSJ ein Stichkampf hermuss. – So geschehen in dem Kampf um die Krone in der U16, in dem in zwei packenden Blitzpartien sich Philip Solovej (SK Gründau) gegenüber Nils Hohmann (SC Obertshausen) gegen 19:30 Uhr am Sonntagabend durchsetzen konnte.  

Deutlich früher war da schon das Rennen in der Wertung U18 gelaufen.  Bezirksmeister mit 5,5 Punkten aus 7 Runden wurde Rodrigo Gael Perez Valero (VSG Offenbach), der damit den Bezirk auf den Hessischen Einzelmeisterschaften im kommenden Jahr vertreten darf. In den beiden Damenkategorien hatten die Kolleginnen der VSG Offenbach Lea Wagner (U16 w) sowie Laura Dixon (U14 w) die Nase vorn.

Ein Name, den man in Zukunft noch öfter hören wird, ist Alexis Buchinger (SF Neuberg), Jahrgang 2011. Vor kurzem noch bei der deutschen U10 am Start gewesen, beschloss der Youngster zusammen mit seinen Eltern und Trainern, gleich mal zwei Altersklassen zu überspringen und einige Erfahrungen in der heimischen U14 zu sammeln. Dass dabei mit 5,5 Zählern punktgleich mit dem oben genannten U18-Meister der Gesamtsieg herausspringen sollte, wird vielleicht am meisten ihn selbst überrascht haben. Denn ähnlich wie in der U12 sprach in statistischer Hinsicht eine erhebliche DWZ-Differenz zu den Favoriten dagegen. Doch Alexis konnte diesen Umstand nicht nur durch seine schnelle Auffassungsgabe kompensieren, sondern brachte mit seinen Kämpferqualitäten seine Kontrahenten zur Verzweiflung. Dies demonstriert eindrucksvoll nachfolgende Partie, in der er nach ungenauer Eröffnungsbehandlung seinem Gegner Lennart Bergmann (VSG Offenbach) stetig Probleme stellen konnte und selbst nach Erreichen einer in der Endspieltheorie wohlbekannten Remisstellung noch den vollen Punkt herausquetschte (Partieanalyse siehe unten).

 

U14-U18 MVSJ BEM

Kreuztabelle im Schweizer-System nach der 7. Runde

Nr.

Teilnehmer

TWZ

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

Punkte

Buchh

1.

Buchinger,Alexis

1358

**

1

1

0

½

1

1

 

 

 

 

1

 

 

 

5.5

30.0

2.

Perez Valero,Rodr

1620

0

**

½

 

 

1

1

 

1

1

 

 

1

 

 

5.5

27.0

3.

Bergmann,Lennart

1498

0

½

**

½

1

1

 

1

 

 

 

 

 

 

1

5.0

28.0

4.

Eull,Emil

1623

1

 

½

**

1

0

 

0

1

 

 

 

 

1

 

4.5

28.5

5.

Dixon,Laura Micha

1379

½

 

0

0

**

 

1

 

 

1

1

1

 

 

 

4.5

26.5

6.

Kaiser,Jason

1350

0

0

0

1

 

**

 

 

 

1

1

 

 

1

 

4.0

27.5

7.

Solovej,Philip

1332

0

0

 

 

0

 

**

1

1

 

 

 

1

 

1

4.0

25.5

8.

Hohmann,Nils

1127

 

 

0

1

 

 

0

**

0

 

1

 

 

1

 

4.0

24.5

9.

Negru,Maximilian

1323

 

0

 

0

 

 

0

1

**

1

1

 

 

 

1

4.0

23.0

10.

Abraham,Moritz

1254

 

0

 

 

0

0

 

 

0

**

 

1

1

 

 

3.0

24.5

11.

Grebe,Sabrina

1030

 

 

 

 

0

0

 

0

0

 

**

1

 

 

1

3.0

22.0

12.

Inan,Emir

922

0

 

 

 

0

 

 

 

 

0

0

**

1

1

 

3.0

20.5

13.

Wagner,Lea

760

 

0

 

 

 

 

0

 

 

0

 

0

**

½

1

2.5

19.5

14.

Prechtl,Felix

884

 

 

 

0

 

0

 

0

 

 

 

0

½

**

1

2.5

19.0

15.

Georgiev,Petar

 

 

 

0

 

 

 

0

 

0

 

0

 

0

0

**

1.0

22.5

 

Hochspannung im Blitz-Stichkampf U16: Nils Hohmann vs. Philip Solovej

 

Zum Schluss ein herzliches Dankeschön an den Veranstalter um den Vorsitzenden des SC Obertshausen sowie Kassierer der MVSJ Julius Mutig, Roland Michelmann, der mit seiner Kompetenz und Ruhe für einen gelungenen Einstand als Turnierleiter feierte. Dank auch an Jürgen Gatterdam, Michael Rüll und Paul Metzler für ihre Schiedsrichtereinsätze.

Gruppenfoto nach der Siegerehrung U14, U16 und U18. (Fotos Overbeck)

 

Die Bezirkseinzelmeister 2019 im Überblick:

  • U8: Alexander Scheel – VSG 1880 Offenbach
  • U10: Lennard Tabola – SF Schöneck
  • U12: Alizai Tamim – SK Gründau
  • U14: Alexis Buchinger – SF Neuberg
  • U16: Philip Solovej – SK Gründau
  • U18: Rodrigo Gael Perez Valero – VSG 1880 Offenbach

 

Partieanalyse: Wie man im ungleichfarbigen Läuferendspiel die Schere vermeidet

Anzeige der Partie auch unter http://view.chessbase.com/cbreader/2019/11/26/Game7390140.html.

(Quelle: https://pixabay.com/de/vectors/avatar-avatare-schere-2029577/) Schere

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Buchinger,Alexis (1358) – Bergmann,Lennart (1498) [B33]

BJEM (U18)  (Runde 5), 17.11.2019

[Kommentar: B-Trainer Christopher Overbeck]

 

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 e5 5.Sb3?! [Der Hauptzug 5. Sb5 gilt in der vorliegenden Sveshnikovvariante der sizilianischen Verteidigung als nachhaltiger für Weiß.]

 

5…Sf6 6.Sc3 Lb4 7.Lc4!?

 

[Schwarz hat nach der Ungenauigkeit im 5. Zug bereits eine spürbare Initiative entwickelt, weshalb sich der Anziehende für eine pragmatische Lösung des Problems entscheidet: Für schnelle Entwicklung beabsichtigt er einen Bauern zu opfern und die Sache zu verkomplizieren. Der Läufer auf c4 verhindert zudem nicht nur …d5, sondern zielt auch auf f7 – ein Umstand, den der Gegner in der Folge unterschätzt.]

 

[7.Ld3 d5 8.exd5 Sxd5=+; 7.Lg5 h6 8.Lxf6 Dxf6 9.Ld3 Lxc3+ 10.bxc3 d6=+]

 

7…Sxe4 8.0–0 Sxc3 9.bxc3 Lxc3?! =+ [Dieser verführerische Bauernraub ist zu viel des Guten. Der Rückzug nach e7 nebst vorteilhafter (wenn nicht gewinnträchtiger) Stellung wäre vorzuziehen gewesen.]

 

10.Df3 0–0? [Der Nachziehende lässt hier eine taktische Option aus, die ihm seine Leichtfigur nebst Initiative gerettet hätte – Stichwort Hinlenkung des gegnerischen Läufers: 10…d5 11.Lxd5 0–0 12.Dxc3 Dxd5-+]

 

11.Dxc3+– d5 12.Lb5 [Andere Züge, wie 12…Dc7 oder 12…Te8, wären zwar stärker gewesen, hätten aber an dem großen weißen Vorteil nicht gerüttelt.]

 

12…Se7? 13.Dxe5 a6 14.La3 Le6 15.Lb2 Sf5 16.Ld3 Dg5 17.h4?! [17. Lxf5 nebst Sd4 oder sofortiges 17. Sd4 gewinnt wegen der Fesselung an die Dame eine weitere Leichtfigur.]

 

17…Dg4 18.f3 Dg3 19.Lxf5 Dxe5 20.Lxh7+ Kxh7 21.Lxe5 Tac8 22.Sd4 Ld7 23.c3 Tfe8 24.Tae1 f6 25.Lg3 Txc3 26.Txe8 Lxe8 27.Te1 Ld7 28.Te7 Lc8 29.Tc7 Txc7 30.Lxc7 Kg8 31.Kf2 Kf7 32.Ke3 Ke8 33.f4 Kd7 34.Lb6 Ke7 35.f5 Ld7 36.Lc5+ Kf7 37.Ld6 Lc8 38.a4 g6 39.g4 Ld7 40.a5 La4 41.Se6 Ld1 42.Kf4 Le2 43.Sd8+ Kg7 44.Sxb7 d4 45.Lb4 Ld3 46.Sc5 Le2 47.Se6+ Kf7 48.Sxd4 [Der Anziehende hat die zurückliegende Phase technisch sauber gespielt. Der letzte schwarze Trumpf hat soeben das Brett verlassen, und somit sollte der Käs` eigentlich gegessen sein…]

 

48…Ld3 49.g5 Lf1 50.Sc6 gxf5 51.Kxf5 Lh3+ 52.Kf4 Lg2

53.gxf6?! [Der Knackpunkt in der Partie: Weiß bietet in der Absicht, eine baldige Entscheidung herbeizuführen, ein Figurenopfer an.  53. Sd8 oder 53. Se7 hält weiterhin großen Vorteil in der Hand und wird auch von Computerprogrammen bevorzugt. Fazit: Die Stellung bleibt zwar objektiv gewonnen. Der Pfad zum Gewinn wird jedoch schmaler!]

 

53…Lxc6 54.Kg5 [Ein Klassiker unter den Endspielen ist entstanden: ungleichfarbiges Läuferendspiel mit Mehrbauern. Generell sind diese mit einer gewissen Remistendenz verbunden, vor allem wenn die schwächere Seite in der Lage ist, eine Festung zu erreichten und mit seinem Läufer beide Diagonalen zu kontrollieren – Stichwort: Stoppdiagonale. Die Theorie kennt Beispiele, in denen  die stärkere Seite selbst mit zwei verbundenen Mehrbauern es nicht schafft einen Sieg zu erzwingen. Hier liegen die Dinge aber anders. Von daher kann man nur den Hut vor der Leistung und dem Mut des Weißspielers ziehen, die Gewinnträchtigkeit erkannt zu haben.]

 

54…La4 [Ganz ähnlich ist: 54…Lb5 55.Le7 La4 56.Kf4 Ld1+–]

 

55.Le7 Lb5 56.h5?!

 

[Es besteht keine Eile für diesen Bauernvorstoß. Das sofortige Umgehungsmanöver 56. Kf5 mit dem Ziel, entweder den a-Bauern anzugreifen oder den eigenen f-Bauern auf dem Weg zur Dame zu unterstützen, ist gut genug:]

[56.Kf5 Le2 57.Ke5 Lf3 58.Kd6 Lh5 59.Kc7 Le2 60.Kb6 Ld1 61.h5 +- – siehe Variantendiagramm:)

 

 

Der Läufer ist nicht in der Lage, sich um beide Diagonalen zu kümmern. Der große Endspieltheoretiker Mark Dvoreckij prägte hierfür den Terminus der Schere.]

 

56…Ld3? Tatsächlich hätte der Läuferzug nach e2, der Weiß dazu provoziert h6 zu ziehen, Remis gehalten. Begründung folgt weiter unten! 57.h6?=

 

 

[Jetzt ist es doch passiert: Durch diesen unscheinbaren Bauernzug ist eine Remisstellung  entstanden. Bezeichnenderweise stehen nun alle Bauern auf der Felderfarbe des eigenen Läufers. Präziser ist einmal mehr das sofortige Umgehungsmanöver des Königs via 56.Kf4. Der Bauer h5 nimmt dem schwarzen Monarchen das Feld g6 und kann zur Not auch später noch vorrücken bzw. geopfert werden.]

 

[Es hätte gewonnen: 57.Kf4! Lc2 58.Ke5 Lb1 59.Kd5 Lh7 60.Kd6 Lf5 60…Lg8 ist keine Option, da der Bauer h5 der gegnerischen Majestät das wichtige Feld g6 verwehrt. 61.h6 Lh7 62.Kc7 Lg6 63.Kb6 Ld3 64.h7 Wiederum hat sich die Schere geöffnet: Der Läufer ist nicht in der Lage, beide Drohungen zu bedienen. 64…Lxh7 65.Kxa6 Lb1 66.Kb6]

 

57…Lc2 [57…Lg6 ist auch möglich: 58.Kf4 Lh7 59.Ke5 Kg6 60.La3 Lg8 61.Lc1 Kf7=]

 

58.Kf4 Kg6?+– [Und damit revanchiert sich der Nachziehende für das Geschenk im 57. Zug. Der einzige und schwierig zu sehende Weg zum Unentschieden beinhaltet die Umgruppierung Läufers über h7 nach g8, wonach es kein Weiterkommen mehr gibt:]

 

[58…Lh7! 59.Ke5 Kg6 – siehe Variantendiagramm:

Von hier aus hat der schwarze König beide Bauern im Blick, wonach der Läufer die Diagonale wechseln kann, um einerseits den Vorstoß des f-Bauern zu verhindern und andererseits den eigenen auf a6 zu verteidigen. 60.Lc5 (60.Ke6 Lg8+ 61.Kd6 Kxh6=) 60…Lg8 61.Le3 Kf7=]

  

59.Ke5 Lb3 60.Lf8 Lc4 61.Lg7 Kh7 62.Kd6 Kg8 63.Ke7 [Gegen das Manöver 64.Lf8, 65.f7 nebst Kf6 oder h7 ist kein Kraut gewachsen.]

 

1–0

 

 

Lektüreempfehlung: Dvoreckij, Mark: Die Endspieluniversität. Essentielles Endspielwissen für Amateur und Profi, München 2002, S.116-120.

 

 

Christopher Overbeck, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im MVS und 2. Vorsitzender der MVSJ

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